Vortragssitzung im Rahmen der Medizinischen Woche Baden-Baden
Viel Neues zum Mikrobiom und Ehrung von Dr. Bernd Ost zum Führungswechsel
Der Sitzungsraum 13 im Kongresshaus Baden-Baden war bereits um Punkt 9.00 Uhr am Sonntag, den 03.11.2019 zum Beginn der diesjährigen NATUM-Veranstaltung relativ gut gefüllt, was – wenn man bedenkt, dass bereits der letzte Tag der Medizinischen Woche Baden-Baden 2019 angebrochen war – längst nicht selbstverständlich war, sollte doch dieses Panel ein ganz besonderes werden … aber dazu später mehr.
Zunächst begrüßte Dr. med. Bernhard Ost aus Düsseldorf,
Vorsitzender der NATUM und seit vielen Jahren in Komplementärmedizin erfahrener
Gynäkologe, das Auditorium mit herzlichen Worten, um dann die Moderation an Prof.
Dr. med. Harald Meden aus Richterswil (Schweiz) zu übergeben.
Mit dem ersten Beitrag „Die Therapie des Ovarialkarzinoms nach den Banerji-Protokollen“, gehalten von Dr. Miguel Corty Friedrich aus Spanien, El Campello, begab sich dieser dann sogleich auf ein spannendes, bei vielen bis dato unbekanntes Terrain. Diese Protokolle stellten sich nämlich im Wesentlichen nicht als solche, sondern vielmehr als eine homöopathische Vereinfachung der Behandlungen von Tumoren heraus, so auch des Ovarialkarzinomes. Ein indischer Arzt namens Pareshnat Banerji hatte diese standardisierte Behandlungsmöglichkeit, die auf eine lange Anamnese verzichten konnte, bereits in den 20er Jahren erfunden, da es zu dieser Zeit in Indien viele Patienten gab, die behandelt werden mussten und zudem die Möglichkeiten in seinem Land sehr begrenzt waren. Da sie auch zusätzlich zur Schulmedizin angewandt werden konnte, schwappte sie in den letzten Jahren auch in die westliche Welt über und wird nun seit einigen Jahren auch in Spanien praktiziert. Obwohl von grandiosen Besserungen der Tumorleiden die Rede ist, wurde bis dato noch keine Erklärung gefunden, wie diese Medikamente tatsächlich wirken sollen, zumal es lediglich drei Anwendungsschemata gibt, die für alle Tumoren gleichermaßen wirken sollen … Eine weitere Evaluierung bleibt abzuwarten, bevor eine Empfehlung in eine Richtung ausgesprochen werden kann.
Weiter ging es ziemlich genau um 9.30 Uhr mit dem überaus interessanten Vortrag über „Vermeidung der Alopezie und Chemotherapie-induzierten Polyneuropathie (CIPN)“ von Dr. rer. nat. Trudi Schaper, Düsseldorf. Hierbei wurden die Erfolge, welche sich durch die Anwendung von Kühlkappen bzw. Handschuhen und Kühlschuhen während der Chemotherapie erzielen lassen, eindrucksvoll geschildert. Tatsächlich konnten diese Kühlverfahren bereits viele Frauen, die wegen eines malignen Mamma-Tumors Chemotherapie erhielten, bei korrekter Anwendung das Ausfallen der Haare bzw. das Auftreten von Gefühlsstörungen in Händen und Füßen, wie es normalerweise unter Chemotherapie durch Angriff der Nerven in und unter der Haut bzw. Vergiftung der Haarwurzeln geschieht, verhindert werden.
In der nun folgenden Pause bestand die Möglichkeit des Besuchs der interessanten Ausstellung. Egal, ob „intelligentes“ Wasser oder neuartige Massagegeräte, um sich über all die vielfältigen Behandlungsoptionen zu informieren, reichten diese 30 Minuten natürlich nicht aus …
Als nächstes entfiel der eigentlich an dieser Stelle geplante Vortrag über Glyphosat und dessen Einfluss auf biologische Systeme wie das Mikrobiom, da der dafür geplante Redner, Dr. med. Awad Shehata aus Regensburg, kurzfristig verhindert war. Stattdessen entschied man sich rasch, zwei zusätzliche Vorträge über das Mikrobiom zu dem bereits geplanten zu halten. Zum einen erzählte Dr. Bernd Ost lebendig über eigene Erfahrungen zu diesem Thema, zum anderen berichtete Dr. Steffen Wagner, der übrigens auch Moderator dieser Vorträge war, über die speziellen Zusammenhänge zwischen einer Immun-Therapie bei Mamma-Ca und dem Mikrobiom.
Danach ging es mit dem regulären Programm weiter, wobei nun der eigentliche Vortrag über das Mikrobiom, in dem neben den Grundlagen über die „Auswirkungen des mütterlichen Mikrobioms auf das ungeborene Kind” von Dr. med. Nessy Wagner aus Saarbrücken folgte. Erst in jüngster Zeit hatte man entdeckt, dass das Mikrobiom bei der Gesund-Erhaltung des menschlichen Körpers tatsächlich eine tragende Rolle spielt und die meisten „Keime“ eine positive Funktion haben, während andere dem Organismus Schaden zufügen und bekämpft werden müssen! Was läge da näher, als auch hierzu Mikroorganismen einzusetzen? So würde in Zukunft wohl auch die sogenannte „Phagentherapie“ bei der Behandlung von Infektionen, die immer öfters durch Antibiotika-resistente Keime ausgelöst werden, eine immer größere Rolle spielen. Ein weiteres interessantes Novum für viele war, dass es tatsächlich Interaktionen zwischen Mutter und dem Ungeborenen über das Mikrobiom zu geben scheint. Zudem beginnt laut einigen Daten die Besiedlung des Kindes mit Abwehrkeimen bereits im Mutterleib und wahrscheinlich nicht erst mit der Geburt. In diesem Zusammenhang wurde auch das „Vaginal Seeding“ des Neugeborenen besprochen.
Da die Zeit wie so oft nicht für alle Fragen des Auditoriums ausreichte, wurde auch die Pause für eifrige Gespräche genutzt – ein Zeichen dafür, wie groß das Bedürfnis nach praxisorientierter, komplementärer Medizin ist und wie engagierte Ärzte diese Vortragsreihe auch nutzten, um gegebenenfalls Gehörtes in ihrem Arbeitsalltag zu integrieren.
Nachdem sich alle dennoch ein wenig erholt hatten, ergriff nun Dr. med. Bernhard Ost den Vorsitz und kündigte den Vortrag über „Homocystein in der Reproduktionsmedizin“ von Dr. med. Lena Kissing aus Ravensburg an. ,,Tatsächlich ist dieser Parameter und dessen Stoffwechsel von großer Bedeutung und es ist wichtig, den Spiegel unbedingt im Auge zu halten, trägt er doch maßgeblich zu einer gesunden Schwangerschaft bei!“, wie die Referentin betonte.
Im Anschluss dieses interessanten Vortrages wurde dann der letzte Vortrag mit dem Thema ,,Psycho-Onkologie – Wegweiser auf eigene Ressourcen“ von Dr. med. Hatice Kaya aus Düsseldorf gehalten. Dabei wurden dem Fachpublikum, das in der Praxis oft onkologische Patienten betreut, viele hilfreiche Daten mit auf den Weg gegeben und noch einmal klar herausgestellt, welch große Bedeutung auch die psychische Unterstützung bei diesem Leiden zukommt.
Als letzten Programmpunkt fand die Ehrung des langjährigen 1. Vorsitzenden Dr. Bernhard Ost statt, der sein Amt an den zweiten Vorsitzenden, Dr. Steffen Wagner, abgegeben und dessen bisherigen zweiten Vorsitz übernommen hatte.
Nach einer Laudatio von seinem Nachfolger, die so manchem im Publikum die Tränen in die Augen getrieben hatte, wurde Dr. Bernd Ost mit weiteren anerkennenden Worten von seinem Vorstand und der Leiterin der Geschäftsstelle der NATUM, Katrin Harling, herzlich aus dem ersten Vorsitz verabschiedet und das Publikum konnte sehen, welch familiäres Verhältnis an der Spitze der NATUM herrschte.
Dr. Nessy Wagner