Neue Hoffnungen für Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom (HIPEC)

Prof. Dr. med. Michael Friedrich

In Deutschland erkranken jährlich etwa 9.000 Frauen an einem bösartigen Tumor der Eierstöcke (Ovarialkarzinom). Damit ist das Ovarialkarzinom die dritthäufigste bösartige Erkrankung der weiblichen Geschlechtsorgane. Bei der Behandlung einer an einem Ovarialkarzinom erkrankten Frau gibt es in Deutschland trotz international herausragender Forschungsergebnisse noch Verbesserungsmöglichkeiten, die sowohl die Überlebenszeit der Frauen wie auch ihre Lebensqualität positiv beeinflussen können. Derzeit ist die Versorgung der betroffenen Patientinnen heterogen. Wie Analysen der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) – Organkommission Ovar zeigen, wird ein Drittel der Betroffenen nicht nach etablierten Standards behandelt.

Die Therapie des Eierstockkrebses besteht aus der Operation, bei der – wenn möglich – alle bösartigen Tumorherde entfernt werden sollten, und aus der anschließenden Chemotherapie, die eventuell verbliebene Tumorzellen abtöten soll. Wichtig ist hierbei, dass auch bei sehr fortgeschrittenem Eierstockkrebs mit ausgedehntem Befall des Bauchfells sowie der umliegenden Organe durch diese Therapie – anders als bei vielen anderen Tumoren – durchaus noch eine Heilung möglich ist.

Ca 75 % der Ovarialakarzinome werden auch heute noch leider erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert, in denen schon eine Ausbreitung des Krebses über den Eierstock hinaus, insbesondere auf das Bauchfell (Peritoneum), vorliegt. Insbesondere bei diesen Fällen ist eine individuelle und evtl. interdisziplinäre Therapiestrategie, bei der operative Verfahren wie die komplette Peritonektomie (Entfernung des Bauchfells) und multiviszerale Resektionen (evtl. Entfernung von erkranktem Gewebe wie Darmanteile und Milz) als auch medikamentöse Verfahren wie die intraoperative und intraperitoneale Chemotherapie zum Einsatz kommen, für die betroffenen Patientinnen gewinnbringend.

Heilung der Peritonealkarzinose bei gut ausgewählten Patienten möglich
Bereits vor 15 Jahren wurde ein aggressives Konzept in wenigen Zentren weltweit durchgeführt. Im Vordergrund steht die komplette makroskopische Zytoreduktion. Durch verschiedene Verfahren der parietalen und viszeralen Peritonektomie werden die befallenen Anteile des Peritoneums reseziert. Das Ausmaß der Resektion ist daher sehr unterschiedlich, oft handelt es sich um Multiviszeralresektionen. Die intraoperative Chemotherapie wird unter der Vorstellung durchgeführt, mikroskopische Tumorreste zu zerstören. Die Potenz der Zytostatika wird durch die Hyperthermie erhöht. Die einzelnen Schritte der Behandlung konnten in der letzten Dekade verbessert werden. Die Operationsdauer, der Blutverlust, die Letalität wurden erheblich gesenkt. Die Selektionskriterien konnten besser definiert werden. Es liegen Langzeitergebnisse vor, die belegen, dass auch ausgewählte Patienten mit Peritonealkarzinose eine Option auf Heilung haben können. Wie neue Studiendaten zeigen, können gerade Patientinnen mit Rezidiv eines Ovarialkarzinoms von der Kombination aus Operation und HIPEC profitieren. Zu ähnlichen Ergebnissen kam die Arbeitsgruppe der Krefelder Frauenklinik, in der aus Tradition heraus eine langjährige Erfahrung mit der intraoperativen, intraperitonealen Chemotherapie besteht.

Technik der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie ist gut definiert
Die hypertherme intraperitoneale Chemotherapie wird intraoperativ nach der Resektion der befallenen Anteile des Peritoneums durchgeführt. Die Therapie kann bei geschlossenem oder bei offenem Abdomen erfolgen. Benötigt werden eine Doppelrollerpumpe und ein Wärmetauschgerät. Eine im Bereich des Dünndarmes platzierte Drainage dient als Zufluss für die Chemotherapielösung. Drei weitere Drainagen werden für den Rückfluss benötigt. Diese kommen in den beiden Subphrenien und im Douglasraum zum Liegen. Die Zytostatikalösung wird auf 43-44°C erwärmt, so dass über zwei intraabdominell liegende Temperaturproben Werte von 41-42°C bestätigt werden können. Eingesetzt werden insbesondere Mitomycin C, Cisplatin, Oxaliplatin, und Doxorubicin. Die Therapiedauer beträgt 60 bis 90 Minuten. Es liegen pharmakokinetische Daten für all diese Zytostatika vor, einschließlich solcher, für die eine Akkumulation in den Tumorknoten nachgewiesen wurde.

Ausblick:
Das oben vorgestellte Behandlungskonzept aus Operation mit maximaler Tumorentfernung und intraoperativer Chemotherapie (HIPEC) bietet gerade Patientinnen mit einem Rezidiv eines Ovarialkarzinoms eine verheißungsvolle Therapiestrategie, wobei betont werden muss, dass die bisher schon positiven und hoffnungsvollen Studienergebnisse in weiteren Studien evaluiert werden müssen und diese Behandlung unter Studienbedingungen erfolgen sollte.

Autor: 
Prof. Dr. med. Michael Friedrich
Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
HELIOS-Klinikum Krefeld
Lutherplatz 40, 47805 Krefeld